Achtung vor Phishing! Die CKK kontaktiert Sie niemals nur zur Überprüfung Ihrer persönlichen Angaben oder Bank-Angaben – weder telefonisch noch per E-Mail. Weitere Infos.

Das Pflegegeld benachteiligt schutzbedürftige Senioren

Ab dem 1. Januar 2023 ist die Deutschsprachige Gemeinschaft für die Genehmigung und Auszahlung des Pflegegeldes für Senioren zuständig. Die ostbelgischen Krankenkassen sehen mit dem zugrundeliegenden Dekret finanzielle Einbußen für die sozioökonomisch schwächsten Antragsteller sowie eine Benachteiligung deutschsprachiger Versicherter im Hinblick auf die Freischaltung unterschiedlicher Rechte verbunden.

Diverse Befürchtungen wurden dem Ressortminister im Frühjahr 2022 mitgeteilt – doch fand der Dekretentwurf nahezu unverändert seinen Weg ins Plenum und wurde dort am 27. Juni 2022 verabschiedet.  Die in Ostbelgien aktiven Krankenkassen sehen die Interessen sozioökonomisch benachteiligter Menschen gefährdet - auch vor dem Hintergrund steigender Energie- und Lebenshaltungskosten.  

Systemwechsel wirkt sich nachteilig aus

Das Pflegegeld für Senioren ersetzt die föderale Beihilfe zur Unterstützung für Betagte (BUB) und die Regierung der DG macht anhand einer vereinfachten Antragstellung den Weg für eine höhere Anzahl von potentiell Begünstigten frei. Dies, indem bei der Einstufung ausschließlich medizinische Kriterien Anwendung finden und die vormals verbindliche Einkommensprüfung ab 2023 entfällt; das Vermögen des Antragstellers also kein Kriterium für den Erhalt bzw. die Ablehnung der Beihilfe mehr darstellen wird. Die Pflegegeld-Beilhilfe einer aller Voraussicht nach höheren Anzahl von Antragstellern zugänglich zu machen, bedeutet für Menschen in prekärer Situation, dass sie bei Antragstellung ab 2023* teils deutlich weniger erhalten, als dies im alten System der Fall gewesen wäre. 

Denn bislang erhielten diese Personen mit hohem Unterstützungsbedarf bei gleichzeitig geringem Einkommen bis zu 656,25€** monatlich, ab 2023 jedoch wird die höchste Pflegegeldkategorie bei 447 € gedeckelt sein und der potentiell Begünstigte somit bis zu 209,25€ monatlich weniger als noch im alten System erhalten - dies entspricht einer Verminderung  um 32 %. Die Ausschüttung öffentlicher Gelder nach dem Gießkannenprinzip erfolgt demnach zu Lasten der einkommensschwächsten Senioren und somit jener Menschen, die das Pflegegeld wirklich benötigen. 

Dies ist eine sozial alles andere als vertretbare Entscheidung, die in unseren Augen revidiert werden sollte: Dies, indem die Pflegegeldkategorien und die ermittelten Beträge überarbeitet und dahingehend angepasst werden, dass einkommensschwache Antragsteller mit hohem Unterstützungsbedarf auch künftig den bislang gewährten monatlichen Höchstbetrag erhalten. Und zwar auch dann, wenn die Regierung am Prinzip der Öffnung der Beihilfe für die breitere Bevölkerung festhält. 

Weitere Einsparungen zu Lasten der schwächsten Bevölkerungsschichten

Und weitere Einsparungen werden zu Lasten der benachteiligten Bevölkerungsschichten getätigt: Das Statut der erhöhten Kostenerstattung (EKE) ist ein föderales Recht, das (unter anderem) aus der BUB automatisch abgeleitet wird.  Grundlage für diese automatische 

Ableitung ist die eingangs erwähnte Einkommensprüfung – doch wenn diese wie ebenfalls eingangs erwähnt, entfällt, gilt dies natürlich ebenso für das abgeleitete Anrecht auf EKE, das im Rahmen des „Pflegegeld für Senioren“ künftig nicht mehr automatisch gewährt werden kann. 

Nach einer Übergangsregelung soll an die Stelle dieses Automatismus ab 2025 eine systematische jährliche Kontrolle treten, bei der geprüft wird, ob das Einkommen des Antragstellers ober- oder unterhalb der anwendbaren Obergrenze liegt und das EKE-Statut somit Anwendung findet oder eben nicht.

Es wird davon ausgegangen, dass perspektivisch in der DG etwa 1.500 der betroffenen Personen kein automatisches Anrecht mehr auf die erhöhte Kostenerstattung haben könnten. Schätzungen zufolge könnten sich die damit verbundenen Einsparungen pro Person auf etwa 3.000 € und insgesamt somit auf 4,5 Millionen € belaufen. Diese Einsparungen erfolgen zu Lasten der schutzbedürftigen Senioren.  Wir sehen mit diesem Systemwechsel eine Benachteiligung deutschsprachiger Krankenkassen-Mitglieder verbunden, da sich diese jährlich einer systematischen Kontrolle unterziehen müssen, die in anderen Gliedstaaten lebenden Belgiern erspart bleibt. 

Der Wegfall der automatischen Zuweisung des EKE-Statuts könnte zudem Auswirkungen auf den Zugang zu weiteren Rechten und Vorteilen haben, auf föderaler Ebene beispielsweise zum „Sozial-Mager“ (maximale Gesundheitsrechnung) oder auf den Sozialtarif für Strom und Gas, der heute wichtiger ist denn je. Auch im Zuständigkeitsbereich der Deutschsprachigen Gemeinschaft schaltet das EKE-Statut Vorteile frei, so beispielsweise einen vergünstigten Tarif für Dienstleistungen der Haushalts- und Gartenhilfe oder auch einen Zuschlag auf die Prämie bei Haussanierungen. Wir fordern, dass das System dahingehend angepasst wird, dass die Anzahl der von Rechteverlust betroffenen Personen reduziert wird. 

Forderung nach Überarbeitung des Dekretes

Der Wechsel vom System des EKE-Statuts als automatisch abgeleitetem Recht zu einem System der systematischen und jährlichen Kontrolle, die von den Krankenkassen durchgeführt werden muss, hat zudem Auswirkungen auf das Funktionieren unserer Dienste: In der DG gab es  im Jahr 2020 4.383 Personen 65+ mit EKE-Statut, dies entspricht 31 % der Gesamtzahl der in der Deutschsprachigen Gemeinschaft lebenden Personen 65+.  1.337***  dieser Empfänger hatten das EKE-Statut automatisch auf Grundlage der BUB erhalten. Werden diese Mitglieder künftig einer jährlichen Einkommenskontrolle unterworfen, so stellt dies für die Dienste der Krankenkassen einen Mehraufwand dar, der seitens der DG in keiner Weise berücksichtigt worden ist. 

Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen spricht sich die Konzertierungsplattform der Krankenkassen für eine Überarbeitung des Dekrets, die Einbindung der unsererseits formulierten Vorschläge und Lösungsansätze und eine Konzertierung zwischen den Behörden und den Krankenkassen aus. 

[*] Empfänger der föderalen Beihilfe zur Unterstützung für Betagte (BUB) unterliegen dem Standstill-Prinzip, ihnen wird der vom Föderalstaat bis zum 31. Dezember 2022 gewährte Betrag auch künftig ausgezahlt; [**] Kategorie V der Beihilfe zur Unterstützung für Betagte (BUB), 1. August 2022; [***] Anzahl der Personen in der DG, die im Jahre 2020 Anrecht auf die föderale Beihilfe zur Unterstützung für Betagte (BUB) hatten.