HomeWas tun bei ....ArbeitsunfähigkeitIhre Aussage

Wie ich meine Arbeitsunfähigkeit erlebe

Ich war zeitlebens sehr aktiv. Jetzt fühle ich mich nicht mehr wertgeschätzt, am Rande des wirklichen Lebens, dort wo gearbeitet wird, wo man sein Brot verdient, wo man auf das Wochenende wartet, um sich zu vergnügen, zu entspannen. Jetzt ist jeden Tag Sonntag und das ist nicht lustig.
Johann, 39 Jahre

Ich lebe jeden Tag bewusst, und die Hoffnung auf eine medizinische Wende ist immer noch da. Ich fühle mich beeinträchtigt, ja, aber ich lebe! Und das ist außergewöhnlich wertvoll. Sarah, 48 Jahre.

Von einem Tag zum anderen musste ich meine Kollegen und das Ambiente meines Arbeitsplatzes, der Kantine, der lustigen Sprüche unseres Abteilungsleiters verlassen. Diese Geselligkeit fehlt mir. Das ist ungefähr so, als ob ich einen Teil meiner Familie verloren hätte. Karim, 55 Jahre

Ich habe richtige Schuldgefühle. Als Kranke fühle ich mich völlig ohnmächtig gegenüber allen, die Wissen und Macht haben. Ich bin stets in der Defensive, als ob ich mich für meine Krankheit rechtfertigen müsste. Ich wage kaum zu sagen „Es geht“, weil ich dann Angst habe, dass ich wieder arbeiten muss. Juliette, 58 Jahre.

Nach einer langen Irrfahrt, mit jahrelangen Schmerzen, Ängsten, unzähligen sinnlosen Untersuchungen und Behandlungen stellt ein Facharzt schließlich eine Diagnose, die keine guten Aussichten verheißt. Das muss man zunächst einmal annehmen, dann seinem Umfeld verständlich machen, das so unwissend wie ungläubig ist. Du bekommst zu hören, dass der Arzt sich sicher getäuscht hat. Daraufhin willst du wieder einen anderen Facharzt sehen… Welches neue Leben erwartet dich jetzt? Zu den körperlichen Schmerzen kommt das seelische Leid. Rita, 45 Jahre.

Meine Lebensgefährtin geht nicht mehr arbeiten, weil ist gesundheitliche Probleme hat und nichts mehr allein schafft: Haushalt, Einkaufen usw. Lange in einer bestimmten Haltung zu verharren (aufrecht, sitzend, liegend) ist für mich der wahre Horror! Alle Gelenke sind angegriffen. Manchmal kann ich nicht einmal eine Flasche aus dem Kühlschrank nehmen und sie öffnen. Sebastian, 38 Jahre.

Nach einem brillanten Uniabschluss habe ich im Ausland gelebt, habe zwei Unternehmen mit aufgebaut und jetzt auf einmal verliere ich einfach so den Verstand. Ich zittere, wenn ich zur Post gehe, breche in Tränen aus, wenn ich meinen Briefkasten leere, gerate in Panik, wenn ich einkaufen muss oder jemanden treffe. Christoph, 45 Jahre.

Da ich halbseitig gelähmt bin, habe ich mich auf eine geistige Arbeit verlegt. Ich lese Zeitung und lerne, mit einem Computer umzugehen, interessiere mich für Gesellschaftsfragen und arbeite für Unicef. Claudine, 55 Jahre

Am Anfang hast du das Gefühl, dass du über nichts anderes mehr reden kannst als deine Krankheit. Das ist mir ganz besonders schwergefallen. Ich erinnere mich noch an ein Fest bei Freunden. Da haben mich Menschen, die ich nicht kannte, gefragt „Und Sie, was machen Sie so im Leben ?“ Da konnte ich nicht einfach sagen „Ich bin Invalide“. Gleichzeitig ist das natürlich absurd. Man ist nicht gezwungen, sich nur über die Arbeit oder die Krankheit zu identifizieren… Viktor, 54 Jahre.

Die Arbeitsunfähigkeit ist eine Arbeit für sich: seine Gesundheit wiederherstellen. Esther, 54 Jahre.

Die Vorstellung, das könnte länger anhalten, hat mir auch Angst gemacht… Wann werde ich wieder arbeiten können? Und gleichzeitig habe ich mich gefragt, was mit mir los ist, weshalb ich mich in diesem Zustand befinde. Ich habe mich selbst infrage gestellt. Dann kommt die Phase des Annehmens… Sobald du deinen Zustand annimmst, lässt der Druck weitgehend nach. Du akzeptierst, dass du dir Zeit nehmen muss, um dich um dich selbst zu kümmern. Doris, 54 Jahre